Gedenkort Haftlager Mildenberg- Kinderheim Mildenberg

An

 Stadt Zehdenick

 z. Hd. Bürgermeister Hr. A. Dahlenburg und

 z. Hd. Vorsitzender der SVV, Hr. H. Leib

 Falkenthaler Chaussee 1

 16792 Zehdenick

 

 Offener Brief

 

 Zehdenick, den 24.04.17

 

Betr.: Gedenkort Haftarbeitslager Mildenberg und Kinderheim Mildenberg

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Aus der Presse sowie durch unsere Recherchen im Rahmen unseres Projekts "ErinnerungsSpuren" ist uns zur Kenntnis gelangt, dass die Stadt Zehdenick das Gelände des ehemaligen Haftarbeitslagers und des Kinderheims Mildenberg mit einem Bebauungsplan mit dem Planungsziel der Errichtung einer Ferienhaussiedlung (Bebauung mit sogenannten "Schäferkarren") beplant. Das Gelände soll für die Umsetzung dieser Bebauung an zwei Berliner Investorinnen (KoBi – Immobilien GmbH) verkauft werden.

 

Weder im Planungsverfahren noch in der öffentlichen Darstellung des Vorhabens ist zu erkennen, dass sich die Stadt Zehdenick mit der historischen Bedeutung des Areals beschäftigt hat.

Nicht erkennbar ist, dass sich die Stadt Zehdenick der Verantwortung bewußt ist, dass hier ein "Ort der Repression" der DDR- Diktatur mit einer dem Leid der Opfer völlig unangemessenen Planung und Nutzung überbaut werden soll.

Ist das Geschichtsignoranz oder ist dies der Versuch, die Geschichte eines historisch bedeutsamen Ortes zu verwischen?

 

Der Umgang der Stadt Zehdenick mit diesem Ort ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Opfern und ihrem am Ort des Arbeitslagers und des Kinderheims erlittenen Unrecht.

 

Die Stadt Zehdenick und ihre politischen Repräsentanten hatten im übrigen mehr als 25 Jahre Zeit, an diesem Ort einen Gedenkort einzurichten.

 

Aus einer fehlenden Erinnerungskultur entsteht eine politisch sanktionierte Verdrängungskultur!

 

Mit Befremden haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Einleitung des B- Planverfahrens für das Gelände zwar öffentlich angekündigt wurde, die Planungsvorbereitungen bzw. Planungsunterlagen aber bis jetzt nicht auf der Website der Stadt Zehdenick veröffentlicht sind.

Wir bewerten dies als klaren Verstoß gegen das Transparenzgebot im Verwaltungshandeln- Bürgernähe sieht anders aus!

 

Ein Verkauf des Geländes an Investoren würde den Ort der öffentlichen Zugänglichkeit entziehen und steht daher der historischen Bedeutung des Ortes entgegen.

Sollte die Stadt Zehdenick das Grundstück bereits veräußert haben, sind seitens der Stadt Zehdenick geeignete vertragliche Regelungen mit den Eigentümern zu treffen, um einen öffentlich zugänglichen Gedenkort auf einem Teil des Grundstücks zu ermöglichen.

 

Wir fordern die Stadt Zehdenick auf, unverzüglich die planerischen Voraussetzungen für einen "Gedenk- und Erinnerungsort Haftlager und Kinderheim Mildenberg" zu erstellen und dies in das laufende B- Planverfahren einzuarbeiten.

Das beinhaltet auch die Beauftragung eines Historiker- Gutachtens über die Geschichte des Ortes für die Zeit von 1945- 1989.

 

Den Eingang einer Stellungnahme der Stadt Zehdenick zu unserem heutigen Schreiben haben wir uns vorgemerkt mit Termin bis spätestens am 12.05.17.

 

Unser heutiges Schreiben ist als offener Brief auf der website des Projekts "ErinnerungsSpuren" ( s. o.) veröffentlicht und wir werden die regionale Presse über das Schreiben in Kenntnis setzen.

 

gez.:

R. Baer          S. Spachtholz